• DE
  • EN

Fließendes Geld

Alle Menschen wollen ein erfülltes Leben ohne materielle Not führen. Dazu gehört auch, dass jeder einzelne immer ausreichend mit Geld versorgt ist. Und genau dafür ist das Geldsystem verantwortlich!

Da sind viele ganz anderer Meinung: Was ist überhaupt mit "Geldsystem" gemeint? Und wie kann es dafür verantwortlich sein? Um mit Geld versorgt zu sein, müssen die Leute eben arbeiten! Doch viele arbeiten - und trotzdem fehlt (fast) überall das Geld. Offenbar reicht Arbeit alleine nicht aus, um die Versorgung mit Geld zu garantieren. Viele suchen Arbeit und finden keine. Und doch gibt es sehr viel Arbeit, die zu erledigen ist, aber das Geld fehlt, um sie zu bezahlen. Gleichzeitig ist an anderer Stelle Geld im Überfluss vorhanden. Warum ist das so? Weil unser Geld nicht reibungslos umläuft. Doch das lässt sich ändern.

Geld ist das Transportmittel der Güter - ohne Moos nix los! Das wissen alle. Der Gütertransport startet erst, wenn der Geldfluss abzusehen oder bereits erfolgt ist. Wenn Geld nicht fließt, wenn Geld also liegen bleibt, bleiben auch Güter liegen. Güter können dabei auch Dienstleistungen sein: Beispielsweise werden die Haare nicht oder seltener geschnitten und die Kinder schlechter unterrichtet, wenn es an Geld fehlt.

Handel und Dienstleister haben geringere Umsätze. Die vorgelagerten Produzenten der Güter haben ebenfalls geringere Umsätze. Geringere Umsätze führen insgesamt zu rückläufiger Produktion, zu sinkenden Lohneinkommen, zu sinkenden Steuereinnahmen und so weiter.

Kurz: Die Folgen sind an vielen Stellen schmerzhaft zu spüren. Die Konjunktur läuft nicht gut, die Wirtschaft brummt nicht. 

Warum sollte Geld liegen bleiben? Jeder gibt doch sein Geld laufend aus!

Nicht ganz: Manche legen etwas zurück - warum auch immer! Das heißt nicht gleich, dass sie zuviel Geld hätten, es heißt nur, dass sie im Moment nicht alles ausgeben wollen, sondern lieber später. Das ist auch nicht weiter störend - wenn dieses Geld in der Zwischenzeit von anderen genutzt werden kann, mit anderen Worten: wenn es als Kredit dient.

Weil dieses Verleihen so wichtig ist, erhält man dafür "schon immer" Zins - als "Lockmittel" sozusagen. Wenn nun der Zinssatz sehr niedrig ist, dann reicht diese Verlockung nicht mehr aus. Dann ist es einfach noch verlockender, das Geld nur sehr kurzfristig oder gar nicht zu verleihen, weil man dann selbst schnell darüber verfügen kann. Man kann so jederzeit bei einer günstigen Gelegenheit sofort zugreifen.

Stellt man sich das in Größenordnungen von Hunderttausenden oder auch Millionen Euro vor und nicht nur mit Einzelpersonen, sondern auch mit Unternehmen und Konzernen als Akteuren, wird die Bedeutung deutlich: Insgesamt übersteigt dann das Güterangebot die Nachfrage, weil durch das liegenbleibende Geld ein Teil der Nachfrage ausfällt. Wir kennen das aus den Medien als "schwache Binnennachfrage", als "lahmende Konjunktur" oder ähnliches.

Die Bereitschaft, Geld längerfristig zu verleihen, sinkt demnach, wenn der Zinssatz für Guthaben sehr niedrig ist. Ein Sinken des Zinssatzes ist wiederum Folge davon, dass am Kapitalmarkt längere Zeit ein reichliches Geldangebot herrschte: Ein reichliches Angebot sorgt für eher sinkende Preise, auch am Kapitalmarkt.

Längerfristige Investitionen unterbleiben

Wenn der Zins für längerfristige Anlagen nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage sinkt, sorgt genau dies dafür, dass das Angebot weniger reichlich wird. Das bremst das Sinken des Zinssatzes bzw. sorgt wieder für sein Ansteigen. Ein über längere Zeit sinkender Zinssatz für Langfristanlagen sorgt also dafür, dass die vorhandenen Geldmittel verstärkt nur noch über kürzere Fristen zur Verfügung gestellt werden. Das heißt andererseits: Längerfristige Kredite werden nur gegen wieder höhere Zinssätze vergeben.

Wer dann längerfristig z. B. in energieeffiziente Gebäudesanierung investieren will, wird nicht in den Genuss der niedrigen Zinsen kommen - und die Investition möglicherweise unterlassen. Eine unterlassene Investition bedeutet: Güter bleiben liegen. Oder anders ausgedrückt: "Die Nachfrage schwächelt."

Höherer Zins bremst somit auch das Rundlaufen der Wirtschaft, d. h. die Konjunktur. Und niedriger Zins tut dies auch, denn die Mittel werden nicht längerfristig festgelegt, stehen somit nicht als Kredit längerfristig zur Verfügung.

Wie funktioniert reibungsloser "Fluss" in anderen Bereichen?

Betrachten wir einmal andere Transportmittel, Schiffe oder Autos, die auch Güter bewegen: Schiffe liegen immer nur so kurz wie irgend möglich fest, denn die Liege- oder Wartezeiten bedeuten zusätzliche Kosten und keine Einnahmen. Für parkende Autos wird oft eine Parkgebühr erhoben. Beide Male optimiert die Gebühr die Nutzung als Transportmittel.

Was wäre, wenn auch dem Geld eine Liegegebühr, also eine Art Parkgebühr angeheftet würde? Sie könnte dafür sorgen, dass Geld im Fluss bleibt, dass es rasch von Hand zu Hand gegeben wird. Im Gegenzug gelangen die Güter reibungslos an ihren Bestimmungsort: dahin, wo sie von den Menschen gebraucht oder verbraucht werden.

Wie könnte dieser "Umlaufantrieb" für Geld funktionieren?

Die Liegegebühr ist nur für Bargeld und Giro-Geld (Giroguthaben) nötig. Für Spargelder, die länger festgelegt sind, ist dies nicht nötig, denn sie liegen ja nicht: Man hat sie zur Bank gebracht, aufs Sparbuch oder in einem Sparvertrag oder anderweitig angelegt. Die Bank verleiht diese Gelder weiter, und die Kreditnehmer geben das Geld wieder aus. Wer Geld als Kredit aufnimmt, sorgt somit dafür, dass das Geld erneut weiter wandern kann. Es fließt also wieder.

Gegenwärtig erhält man für Bargeld gar keinen Zins, für Giroguthaben nur sehr selten. Für Tagesgeld (große Summen) und für längerfristige Anlagen gibt es höhere Zinssätze - je nach Marktlage. Unter den Verhältnissen einer Liegegebühr auf Geld (auch "Umlaufsicherungsgebühr" genannt) bezahlt man für Bargeld und Giroguthaben z. B. 6% im Jahr oder 0,5% im Monat. Längerfristige Anlagen sind von der Gebühr befreit. Für sie erhält man dann - auch je nach Marktlage - noch einen geringfügigen Zins. 

Die Grafik der "Zinsstrukturkurven"

(siehe auch die externen Links zu Grafik und Film) zeigt die Unterschiede: Die (positiven) Zinssätze ergeben sich nach Angebot und Nachfrage, die (negativen) Gebührensätze werden von der Zentralbank festgelegt und von den Geschäftsbanken eingezogen. 

Wie hoch wäre die Gebühr auf Bargeld und Giroguthaben für "Normalverdiener"?

Nehmen wir einmal an, ein Endverbraucher gibt die monatlich auf dem Girokonto ankommende Zahlung "gleichmäßig" aus, also jeden Tag ein Dreißigstel, und nach Ablauf des Monats ist das Girokonto leer. Dann kann man so rechnen, als wäre das Girokonto den gesamten Monat konstant mit der Hälfte der Zahlung belegt, und das zwölf Monate lang. Für diesen Betrag zahlt man die oben genannten 6% pro Jahr. Bei einem monatlichen Einkommen von 2000 Euro ergibt das eine Zahlung von 5 Euro im Monat oder 60 Euro im Jahr, nämlich 6% auf 1000 Euro. Wenn das Girokonto "ungleichmäßig" geräumt wird, also z. B. größere Beträge für Miete, Strom, Wasser u.ä. sofort, der Rest für laufende Ausgaben nach und nach, ist die Summe noch geringer.

Wenn jemand nicht alles ausgibt, sondern etwas aufs Sparbuch bringt, sinkt die Belastung ebenfalls. Die Gebühr wirkt tendenziell so, dass anstehende Zahlungen sofort geleistet werden. Geld, das man längerfristig zurücklegen will, wird bereitwilliger als Kreditmittel zur Verfügung gestellt, denn dadurch wird ebenfalls die Gebühr verringert.

Dementsprechend werden Firmen, die mit größeren Beträgen hantieren, ihre Zahlungsgewohnheiten ändern: Sie bezahlen Rechnungen von Lieferanten sofort und ermöglichen dadurch auch den Lieferanten wieder schnellere Zahlungen. Sie werden überhaupt ihre Kassenhaltung verringern und Gelder eher längerfristig festlegen.

Technisch ist das Ganze leicht realisierbar. Girokonten werden schon jetzt tagesgenau abgerechnet, dementsprechend würde auch die Liegegebühr auf den Tag genau berechnet und abgebucht. Für Bargeld gibt es verschiedene Möglichkeiten. Beispielsweise könnten programmierbare Magnetstreifen auf den Geldscheinen dafür sorgen, dass bei jedem Eingang in eine Kasse die Gebühr berechnet und kassiert sowie der Geldschein wieder "neuwertig" wird.

Was sind die Folgen eines fließenden Geldes, das reibungslos umläuft?

Aus der herkömmlichen Economy wird die FAIRCONOMY - Zeichnung von Eugen KmentDie Gebühr muss nicht bezahlt werden, wenn das Geld für Kredite bereitgestellt wird. Daher werden verstärkt Gelder auch längerfristig (Sparbuch oder Festgeld) angelegt. Dagegen wird Bargeld oder Geld auf dem Girokonto eher weniger attraktiv sein, denn das ist mit Kosten verbunden. Es ergibt sich daher ein höheres Angebot von Geldern für längere Festlegung, d. h. das Kreditangebot wächst. Das bewirkt, dass langfristig der Zins, auch "Knappheitspreis" des Geldes genannt, sinkt. Eine direkte Folge der Liegegebühr ist, dass die Einkommen stetig entweder von den Eigentümern selbst oder von Kreditnehmern ausgegeben werden.

Dieses fließende Geld schließt den volkswirtschaftlichen "Geld-Güter-Kreislauf": Auf dem Gesamtmarkt stimmen Angebot und Nachfrage überein. Dies ist von massiver Bedeutung. Wenn man im Unterschied dazu die aktuelle Lage betrachtet, wird dies deutlich.

Wie ist die gegenwärtige Situation?

Das (Gesamt-)Angebot ist strukturell größer als die (Gesamt-)Nachfrage. Es wird also nie das gesamte Angebot nachgefragt. Die Konkurrenz der Anbieter ist somit immer existenzbedrohend: Wer rausfliegt, findet nicht an anderer Stelle etwas Adäquates.

Was heißt "Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Gesamtmarkt"?

Wenn an einer Stelle das Angebot nicht völlig abgesetzt wird, dann deshalb, weil an anderer Stelle vermehrt nachgefragt wird. Wenn alle Einkommen stetig wieder zu Nachfrage werden, führt ein "Nachfrageüberhang" an einer Stelle zu einer "Nachfragelücke" an anderer Stelle. Für den Arbeitsmarkt heißt das: Nur weil Arbeitskräfte in wachsenden Branchen gesucht werden, gibt es schrumpfende Branchen, die Arbeitskräfte entlassen.

Mit unseren heutigen Erfahrungen erscheint uns das fast unvorstellbar. Wir kennen nur die Situation von überreichlichem Angebot und einer Nachfrage, die mit allen Mitteln umworben und "geködert" wird. Die Situation ist vergleichbar dem Kinderspiel "Reise nach Jerusalem" (auch Stuhl- oder Sesseltanz genannt), bei dem immer ein Stuhl zu wenig ist; es reicht nie für alle. So ist das Angebot immer zu groß, der Nachfrage fehlt es immer am Geld. Eine Situation mit immer ausreichend Platz für alle Teilnehmenden ist als Spiel uninteressant, für wirtschaftende Menschen aber segensreich.

Wie ist die gegenwärtige Situation bei Kreditkosten bzw. Zinszahlungen?

Egal, wie hoch das Zinsniveau ist, und egal, ob jemand verschuldet ist oder nicht - jeder von uns zahlt Zinsen. Indem wir einkaufen, zahlen wir Zinsen, die in jedem Produktpreis enthalten sind. Denn jedes Unternehmen muss sämtliche Kosten, also auch die Kosten seiner Kredite, über die Preise finanzieren. Wenn wir Steuern zahlen, tragen wir die Zinszahlungen der öffentlichen Hand. Bei den Haushalten von Bund, Ländern und Kommunen sind diese Zahlungen offen sichtbar im Unterschied zur "Unsichtbarkeit" in den Produktpreisen.

Wer erhält Zinszahlungen?

Alle, die verzinsliche Geldanlagen haben, erhalten Zinsen. Die meisten von uns sind demnach auch Zinsempfänger. "Unter dem Strich", wenn man die eigene Zinszahlung gegen den eigenen Zinsgewinn überschlagsweise* aufrechnet, gehört man zu den Gewinnern, wenn man mehr als das 10-fache der eigenen Konsumausgaben einschließlich gezahlter Steuern pro Jahr an zinstragendem Vermögen hat. In Deutschland betrifft das maximal 10 % der Bevölkerung. Weltweit sind es noch weniger.

Als Daumenregel: 30% Zinsanteil in Produktpreisen und Steuern, 3% Verzinsung des Geldvermögens. Im obigen Beispiel mit 2000 Euro monatlich netto und z. B. 200 Euro monatlichem Spargeld und demnach 1800 Euro für Lebenshaltungskosten sowie ca. 600 Euro an Steuern usw. sind dies jährlich 12 mal 2400 Euro = 28.800 Euro. Hier wäre somit mindestens ein Geldvermögen von 288.000 Euro nötig, um unter dem Strich zu den Gewinnern zu gehören. 30% Zinsanteil in Produktpreisen und Steuern kann man anhand der heutigen Geldvermögen und Schulden in den Volkswirtschaften ansetzen (bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt liegen die Zinskosten bei über 30%; vgl. dazu das Kapitel ‚Zinsgrößen im Unternehmenssektor' in "Das Geldsyndrom" von Helmut Creutz).

Die Summe der Zinsen, die heute von den Arbeitenden zu den Vermögenden fließen, beläuft sich in Deutschland auf unglaubliche 980 Mio. Euro tagtäglich und wächst ständig weiter. Unter dieser Zinslast leiden gerade die kleinen und mittleren Unternehmen immer mehr, und auch uns Bürgerinnen und Bürger schränkt das in unserer Lebensführung immer stärker ein. Die positiven Wirkungen fließenden Geldes und langfristig eines sinkenden und dauerhaft auf niedrigstem Niveau (um Null herum) schwankenden Zinsniveaus sind vielfältig und weitreichend:

  • Fließendes Geld schließt den Geld-Güter-Kreislauf, Angebot und Nachfrage sind gleichauf.
  • Der geschlossene Geld-Güter-Kreislauf bewirkt Dauerkonjunktur und Vollbeschäftigung.
  • Dauerkonjunktur und Vollbeschäftigung ermöglichen steigende Arbeitseinkommen.
  • Steigende Arbeitseinkommen und Vollbeschäftigung ermöglichen kürzere Arbeitszeiten.
  • Steigende Arbeitseinkommen sorgen für wachsende Sparraten.
  • Wachsende Sparraten sorgen für einen wachsenden Kapitalstock und sinkende Zinsen.
  • Sinkende Zinsen führen zu sinkenden Kapitalkosten.
  • Sinkende Kapitalkosten machen ökologisch Notwendiges wirtschaftlich.
  • Sinkende Kapitalkosten senken die Baufinanzierungskosten und damit die Wohnkosten.
  • Sinkende Zinsen senken die Ausgaben der öffentlichen Hand.
  • Sinkende Zinsen bremsen die Vermögenszunahme, die allein aus Geldbesitz resultiert.

Und wofür ist das alles gut? Es sind Stufen eines friedfertigen Übergangs zu einem anderen Wirtschaften, das Wohlstand bietet: Wohlstand, der bei allen ankommt; Wohlstand, der unsere natürlichen Lebensgrundlagen respektiert und Umweltschutz finanzierbar macht; Wohlstand, der auch zum ganzheitlichen Wohlgefühl beiträgt - dieser Menschheitstraum des guten Lebens wird mit fließendem Geld für alle greifbar.


von: Alwine Schreiber-Martens unter Mitarbeit von Markus Fiedler und Kornelia Halach - 13. Oktober 2008